Wen kümmert’s? Kampagne für Investitionen in Kitas, Schulen und Jugendämter

Kindheit in der Krise

Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte und Jugendamtsmitarbeitende setzen sich mit ganzer Kraft für Kinder und Jugendliche ein. Doch die Bedingungen, unter denen sie arbeiten müssen, sind alarmierend: Überall herrschen Personalmangel und Geldnot, mit fatalen Folgen für Kinder und Jugendliche – doch wen kümmert’s?

Die Klagen der Jugendämter, Kitas und Schulen lösen nicht mehr als ratloses Achselzucken aus. Die Ursache liegt in einer Haltung, die die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen nicht ernst nimmt. Ihre Kindheit wurde kaputtgespart.

Der Schutz und das gute Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen muss unserer Gesellschaft mehr wert sein als eine Randnotiz im politischen Diskurs. Es ist unerlässlich, dass auf allen politischen Ebenen Maßnahmen ergriffen werden, um Schulen zu einem Ort gesunden Aufwachsens und die Kinder- und Jugendhilfe wieder handlungsfähig zu machen. Mit unserer Kampagne „Wen kümmert’s?“ stellen wir uns an die Seite der Jugendämter, Kitas und Schulen. Wir wollen die Krise der Kindheit ins Bewusstsein unserer Gesellschaft und in die Politik tragen und Veränderungen anstoßen.

In Deutschland fehlen 430.000 Kitaplätze

In Deutschland fehlen laut Bertelsmann-Stiftung 430.000 Kitaplätze. Selbst wenn Eltern einen Platz ergattern, können sie nicht sicher sein, dass ihr Kind gut betreut wird. Oft müssen Eltern morgens erfahren, dass sie ihr Kind zu Hause betreuen sollen. Fällt eine Fachkraft wegen Krankheit aus, steht das System vor dem Kollaps.

Diese schlechten Bedingungen verschärfen den Fachkräftemangel: Erzieher*innen gehen in Teilzeit oder verlassen den Beruf. In einer Pressemeldung des Paritätischen Gesamtverbandes vom 3. Juni 2024 heißt es: „Durchschnittlich fehlen in jeder Kita mehr als zwei Fachkräfte, häufig sind es sogar mehr. Das entspricht aktuell 125.000 fehlenden Fachkräften im gesamten Bereich der Kindertagesbetreuung […] Mit dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz hat der Bund ab dem Jahr 2019 die Hoffnung geweckt, dass sich die Situation in Kindertageseinrichtungen flächendeckend verbessern könnte. Der Kita-Bericht des Paritätischen Gesamtverbandes zeigt aber sehr deutlich, dass sich zwischen 2021 und 2023 die Rahmenbedingungen in den meisten Kitas verschlechtert haben, insbesondere weil sich der Fachkräftemangel als große Belastung erweist.“

Ob die Kita kindgerecht arbeitet, die Rechte der Kinder wahrt und positive Bindungserfahrungen ermöglicht, wird damit zur Glückssache. Wenn Erzieherinnen und Erzieher nur noch die Aufsichtspflicht gewährleisten können, ist die Kita kein Bildungsort mehr.

Massiver Lehrkräftemangel und der Investitionsrückstand gefährden die Bildungsqualität in Schulen

Der Schulalltag leidet untereinem gigantischen Investitionsrückstand. Laut der deutschen Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) betrug dieser 2021 etwa 45 Milliarden Euro. Kinder trinken während des Schultags nichts, um die maroden Toiletten zu meiden. Viele Turnhallen sind unbenutzbar, duschen nach dem Sport unmöglich. Geschlossene Schwimmbäder führen dazu, dass Kinder nicht mehr schwimmen lernen.

Dazu kommt der bundesweite Lehrkraftmangel. Besonders groß ist er in den ostdeutschen Bundesländern: Thüringen etwa startete mit mehr als 900 offenen Stellen ins neue Schuljahr – mehr als zu Beginn des letzten Schuljahres. An Brandenburgs Schulen arbeiten Stand Juli 2024 so viele Seiteneinsteiger*innen wie bisher noch nie. Aber auch in den westlichen Bundesländern wird es immer schwieriger, die offenen Stellen zu besetzen. Die Prognosen zu den kommenden Jahren kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Bis 2035 fehlen zwischen 68.000 (laut KMK – Kultusministerkonferenz) und 177.500 (Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie – FiBS) Lehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen.

Der massive Lehrkraftmangel und der Investitionsrückstand gefährden die Bildungsqualität und die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen erheblich. Langfristig können sich dadurch Bildungsungleichheiten verschärfen und die Zukunftsaussichten vieler junger Menschen eingeschränkt werden.

Kinderschutz in Gefahr

Die Situation des Kinderschutzes in Deutschland ist besorgniserregend. Viele Jugendämter sind chronisch unterbesetzt, was zu überlasteten Mitarbeitenden und langen Bearbeitungszeiten führt. Im schlimmsten Fall kann dies dazu führen, dass gefährdete Kinder nicht rechtzeitig geschützt werden. Die Überlastung der Jugendämter verhindert zudem präventive Maßnahmen. Für Hilfeplanung, Beratung und Einbeziehung von Eltern und Kindern bleibt kaum Zeit. Ohne frühe Unterstützung setzt ein Teufelskreis ein, der dringend unterbrochen werden muss.

Gleichzeitig gibt es zu wenige Unterbringungsmöglichkeiten für Kinder, die dringend aus ihren Familien herausgenommen werden müssen. Notunterkünfte und Pflegefamilien sind oft überbelegt, was die Situation zusätzlich verschärft. Solche Engpässe im System gibt es bundesweit und gefährden die Sicherheit und das Wohl von Kindern in akuten Krisensituationen.

Der Kinderschutzbund hat auf seiner Bundesmitgliederversammlung 2024 die Position “Kinderschutz in der Krise. Verantwortung übernehmen und entschieden handeln.” beschlossen. Mit dieser fordert er dringend, dass die prekäre Situation im Bereich des Kinderschutzes und der Kinder- und Jugendhilfe mehr Aufmerksamkeit erhält, und formuliert notwendige Maßnahmen, die alle Akteure, die mit dem Thema Kinderschutz befasst sind, ergreifen müssen.

Werde Teil der Kampagne!

Schreibe an deine*n Abgeordnete*n vor Ort!

Macht bei euch vor Ort Druck! Wir haben Postkarten erstellen lassen, mit denen ihr an eure Abgeordneten oder an eure*n Bürgermeister*in vor Ort schreiben könnt, warum die Situation in den Kitas, Schulen und im Bereich Kinderschutz untragbar ist. Ihr könnt alle drei Motive (Kita, Schule, Kinderschutz) zu je 50 Stück kostenfrei (bei Übernahme der Portokosten) bestellen per Mail an: bestellung@kinderschutzbund.de

Ihr könnt die Karten zum Beispiel in der Schule oder Kita in Abstimmung mit der jeweiligen Leitung auslegen und einen Abgabeort bestimmen. Die Karten können dann gebündelt als Aktion an die oder den Entscheidungsträger*in vor Ort übergeben werden. Wenn ihr im Jugendamt arbeitet, könnt ihr die Kinderschutzkarten bestellen und gemeinsam mit euren Kolleg*innen ausfüllen und an den Entscheidungsträger*in vor Ort schicken oder übergeben.